Rede des Vorsitzenden des Haupt- und Finanzausschusses zum Haushalt 2022

Dirk Schütz sprach im Rahmen der Haushaltsdebatte der Stadtverordnetenversammlung. Es gilt das gesprochene Wort:

 

Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher, sehr geehrte Damen und Herren,

dass die diesjährigen Haushaltsberatungen so harmonisch von statten gehen konnten, dafür bedanke ich mich ausdrücklich auch bei allen Fraktionen, Dennoch lassen Sie mich anmerken, dass dies bei einem solchen Haushalt auch gar nicht anders zu erwarten war.

Nicht vielen Kommunen in Hessen gelingt es, einen solchen Haushalt aufzustellen:

  1. Es ist ein ausgeglichener Haushalt. Die „schwarze 0“ ist für Gudensberg Verpflichtung.
  2. Im Haushalt 2022 werden keine Steuern und Gebühren angehoben. Unsere Bürgerinnen und Bürger werden somit nicht zusätzlich belastet.
  3. Auch weiterhin erhebt Gudensberg keine Straßenausbaubeiträge, auch dies ein nicht unerhebliche Entlastung der Bürgerinnen und Bürger.
  4. Die Steuern und Gebührensätze liegen in allen Bereichen deutlich unter dem Durchschnitt von Hessen, nicht selten sogar sind wir die günstigste Kommune im Schwalm-Eder-Kreis.
  5. Auch gibt es sonst keine Einschnitte und Einsparungen gegenüber dem vorherigen Haushalt.

Unter diesen Rahmenbedingungen waren für uns die Haushaltsberatungen äußerst angenehm.

Dass dies bei vielen anderen Kommunen nicht der Fall ist, zeigt allein der Blick in die aktuelle Presseberichterstattung. Das einen solcher Haushalt allerdings aufzustellen alles andere als einfach ist – das vermag vermeintlich nur der Bürgermeister, vielleicht der Magistrat und ganz sicher die Verwaltung zu wissen.

Wer sich schon länger mit kommunaler Finanzierung auseinandersetzt weiß, um wieviel schwieriger es den Kommunen gemacht wird, all ihre Aufgaben zu finanzieren, eigene Entwicklung der Kommunen voranzutreiben und gleichzeitig attraktive Lebensbedingungen auch in finanzieller Hinsicht für die Bürgerinnen und Bürger zu sichern.

Ich mag dies an einem Beispiel verdeutlichen:
Das Defizit bei der Kindergartenbetreuung liegt in diesem Haushalt bei über 2,6 Mio €! 2,6 Mio. € – wie wird diese Entwicklung gegensteuern wollen ist uns hier im Haus – glaube ich allen – vollkommen unklar. Allein gelassen vom Land werden den Kommunen weitere zusätzliche Leistungen der Kindergartenbetreuung aufgebortet. Aus Gebühren der Eltern lässt sich dies schon lange nicht mehr finanzieren. Nur 10% der Kosten werden noch durch Gebühren der Eltern gedeckt. 29% übernehmen Land und Kreis und ganze 61% verbleiben bei der Stadt! Das ist pro Kind einen Zuschuss von über 7.700 € im Jahr.

Jetzt gibt es 2 Möglichkeiten: entweder wir erhöhen ganz drastisch die Kindergartengebühren – verdreifachen oder vervierfachen diese – oder das Geld muss aus dem allgemeinen Haushalt kommen. Gudensberg gelingt es dieses Defizit von 2,6 Mio € aus dem allgemeinen Haushalt zu finanzieren – weitere über 600.000 € mehr als noch im Vorjahr!

Und das alles ohne das Einschnitte an andere Bereichen vorgenommen werden müssen! Herr Bürgermeister ich sage es ganz deutlich: Damit haben sie uns die Haushaltsberatung einfach gemacht. In anderen Kommunen hätten spätestens bei diesem Punkt die Verteilungskämpfe begonnen. In Gudensberg waren sie schlichtweg nicht notwendig! Vielen Dank dafür.

Aber auch bei der Betreuung der Kinder in der Grundschule spart die Stadt Gudensberg nicht am falschen Ende. Die Fördervereine der Grundschule Gudensberg und Obervorschütz werden mit Mitteln aus dem allgemeinen Haushalt in Höhe von über 100.000 € für die Nachmittagsbetreuung unterstützt. Auch dies ist keine Selbstverständlichkeit für eine Kommune – und eigentlich auch nicht ihre Aufgabe. Aber uns Parlamentarier – ich glaube fraktionsübergreifend – war und ist dies ebenso wichtig. Aber auch dafür müssen letztlich die Mittel aufgebracht werden.

Gestatten Sie mir aber auch noch auf einen weiteren wichtigen Punkt einzugehen. Vereine und ehrenamtliche Initiativen sind uns ebenso wichtig. nicht nur jetzt sind sie die soziale Klammer einer Kommune. Ohne bürgerschaftliches Engagement wäre weder diese Kommunalpolitik denkbar, noch könnten wir ruhig schlafen, weil es keine ehrenamtliche Feuerwehr gäbe oder die ehrenamtlichen Rettungsdienstorganisationen wie in Gudensberg das DRK oder die DLRG. Wir müssten auf Sportvereine, Musikvereine oder Chöre verzichten. Ohne ihr amtliches Engagement würde die Obernburg noch heute im Dornröschenschlaf liegen. Viele Gudesbergerinnen und Gudensberger engagieren sich vielfältig und vorbildlich für unsere Gesellschaft und unsere Mitmenschen. Viele Vereine haben und leiden noch unter Corona. Auch in diesen Zeiten konnten sich die Vereine auf die Stadt und die finanzielle Förderung verlassen. Und auch mit dem Bau des Begegnungszentrum G 1 wird ein weiterer Baustein für eine gute und zukunftsorientierte Vereinsarbeit geschaffen.

Natürlich ist zum Beispiel gerade der Bau des Begegnungszentrums G 1 nur möglich, weil die Stadt Gudensberg, die Verwaltung und allen voran ihr Bürgermeister rechtzeitig entsprechende Förderanträge gestellt haben. 30 Mio. € Investitionsvolumen für die nächsten 10 Jahre. Zuschüsse um die 70%! Dies ist eines der Geheimnisse, warum wir in Gudensberg finanziell so gut dastehen, obwohl die Finanzkraft der Stadt Gudensberg selber, also die Finanzierung durch uns zugewiesene Anteile der z.B. Einkommens- und Umsatzsteuer nur unterdurchschnittlich ist.

Wie gut unser Bürgermeister bei der Besorgung von Zuschüssen ist, erfahren wir häufig gar nicht so richtig. Dazu muss man dann schon die Osthessen-Zeitung lesen. Ich darf aus der Ausgabe vom 29.11.2021 zitieren:

„Das Städtebauprogramm wurde vom hessischen Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen mit einem Gesamtvolumen in Höhe von 37,5 Millionen Euro aufgelegt. Schlüchtern erhält nach der Stadt Gudensberg im Schwalm-Eder-Kreis die zweithöchste Einzelsumme.“

Während Platz 2 im Main-Kinzig-Kreis eine Nachricht wert ist, wird der Platz 1 von Gudensberg wohl einfach nur fein säuberlich, gelocht und abgeheftet, äh pardon, in Gudensberg wird ja gescannt und abgelegt – wir haben ja schon die digitale Verwaltung!

Gestatten Sie mir, nun auch ein paar Worte zum Hallenbad der Stadt Gudensberg noch zu verlieren. Auch wenn wir hier alle im Haus nicht glücklich sind über die sanierungsbedingte Kosten, der schon lange andauernden Schließung, den Rechtsstreit mit dem Planer und den konjunkturbedingt auch recht schleppenden Fortgang bei Ausschreibungen und Vergabe, sowie der Verzögerung bei der Bewilligung der Förderanträge. Aber in aller Deutlichkeit: In diesem Hause gab es nie eine Diskussion über die Notwendigkeit eines Hallenbades. Ich kann mich zwar noch an Diskussionen zu einem „Matschbad“ erinnern Herr Grüttner (Zwischenruf von Herrn Grütter: „Schlammbad!“), aber zu einem Hallenbad haben sich alle bekannt. Die Kosten wurden immer selbstverständlich im Haushalt verankert und gestemmt. Aber auch hier hilft ein Blick über den Tellerrand oder besser auf die Landkarte des Schwalm Eder Kreises um dies einordnen zu können.

Im Schwalm-Eder-Kreis gibt es nur 4 große Hallenbäder mit einer Beckenlänge von 25m. Schwalmstadt, Borken, Melsungen und eben Gudensberg. Welchen Lebensstandard wir unseren Bürgerinnen und Bürgern damit seit vielen Jahrzehnten anbieten wird spätestens dadurch deutlich, dass Gudensberg ein Hallenbad hat und die deutlich größeren Kommunen wie beispielsweise unsere Kreisstadt Homberg oder unsere Nachbarstadt Fritzlar als Mittelzentrum eben nicht. Die Kosten für Betrieb und Instandhaltung über all die Jahre im Haushalt abbilden zu können, ist beileibe keine Selbstverständlichkeit, auch – und das möchte ich nicht unerwähnt lassen der Schwalm Eder Kreis 50% der Kosten, sowohl für Investitionen wie Betrieb, aufbringen.

Gestatten Sie mir, weil dieser Haushalt der letzte von Bürgermeister Frank Börner ist, auch noch einen weiteren Blick über den Tellerrand, aber gar nicht so weit, nur nach Maden, zum Abwasserverband Mittleres Emstal. Die Stadt Gudensberg ist hier in der Geschäftsführung. Und auch hier sieht man die Handschrift von Frank Börner mehr als deutlich. Insgesamt über 30 Jahre nun für den Abwasserverband tätig (erst Sachbearbeiter, dann als Büroleiter Geschäftsführer, dann als Bürgermeister Verbandsvorsteher). Ein Abwasserverband der innovative Weg geht – ich sag nur Klärschlammvererdungsanlage, der seit über 20 Jahren die Verbandsumlage stabil hält. Aber Herr Bürgermeister, auch da haben sie in der Verbandsversammlung viel zu tiefgestapelt. Die Verbandsumlage in 2002 lag bei 1,188 Mio. € in 2022 bei nur 1.150 Mio. €. Allein die Inflationsrate von 2002 bis heute beträgt ca. 25%. Sie haben die Verbandsumlage nicht etwa stabil gehalten, sondern sogar um 25% gesenkt. Und zu allem Überfluss ist der Abwasserverband seit 01.01.2019 sogar schuldenfrei. Das spüren unsere Bürgerinnen und Bürger mit der niedrigsten Abwassergebühr im Schwalm-Eder-Kreis. In Gudensberg zahlt man nur 1,49€/m³ Abwasser, im Kreisdurchschnitt 3,66 €/m³ (Stand November 2020). Vermutlich ist der Kreisdurchschnitt jetzt sogar noch höher.

Herr Bürgermeister, ich finde wir alle sind ihnen zutiefst zum Dank verpflichtet. Sie haben die Ära der Bürgermeister Dinges und Franke fortgeschrieben (und das waren ja auch schon Zuschussfinder unter dem Ehren). Vielleicht haben Sie diese sogar übertroffen. Mit Fug und Recht können Sie behaupte, dass Gudensberg keinesfalls schlechter dasteht als zu ihrem Amtsantritt. Sie hinterlassen eine sehr gut aufgestellt und motivierte Verwaltung, einen ordentlichen Haushalt 2022 und ein solides Finanzpolster für weitere Investitionen. Frau Best ist dafür zu beneiden, aber die Fußstapfen, die Sie hinterlassen sind groß! Um diese Schuhgröße ist Frau Best – trotz ihrer Glücksschuhe – sicher nicht zu beneiden.

Herr Bürgermeister, lieber Frank, vielen Dank für alles!