Stadtverordnetenversammlung vom 27. Mai 2021.
Die Beschlussvorlage für die Abstimmung war ohne Terminbenennungen dem Stadtparlament vorgelegt worden. Die Koalition hat zunächst mit ihrem Änderungsantrag ihren Terminvorschlag eingebracht.
So wurde dann über die Eignung dieses Terminvorschlages diskutiert. Die Opposition präferierte die Zusammenlegung mit der Bundestagswahl am 26.09.21. Doch für uns ist die Wahl viel zu wichtig für Gudensberg, als dass wir eine Überlagerung, die durch die Bundestagswahl stattfinden würde, vermeiden wollen. Alle Gudensbergerinnen und Gudensberger sollen eine gute Entscheidung treffen können, die bei guter Arbeit der künftigen Amtsinhaberin/ des künftigen Amtsinhabers mindestens 12 Jahre Bestand haben sollte.
Die Corona-Pandemie spielt da eine wichtige Rolle. Wir wissen nicht, ob wir ausreichend in Präsenz in näherer Zukunft die Kandidatinnen und Kandidaten kennenlernen können. Deshalb darf kein Zeitdruck entstehen!
Für die Koalition brachte Fraktionsvorsitzender Michael Höhmann den gemeinsamen Änderungsantrag ein. Es gilt das gesprochene Wort.
„Herr Stadtverordnetenvorsteher, meine Damen und Herren,
ich möchte zunächst mit einer für uns wichtigen Feststellung beginnen:
Ein später Wahltermin im November des Jahres macht Sinn, um bei abnehmender Inzidenz des Coronavirus den Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit zu geben, die Kandidatinnen und Kandidaten Angesicht zu Angesicht, kennenzulernen.
Angesichts der massiven Einschränkungen des öffentlichen Lebens infolge der Corona-Pandemie ist die Festlegung des Wahltermins im November die einzig richtige Entscheidung. Ohne die Möglichkeit, sich bei Veranstaltungen, Diskussionsrunden oder einfach nur an einem Wahl-Infostand zu treffen, kann kein vernünftiger Austausch zwischen Wählerinnen und Wählern und den Kandidatinnen und Kandidaten stattfinden.
Bei einer Zusammenlegung der Wahl mit der Bundestagswahl am 26. September des Jahres wären die Möglichkeiten der Wählerinnen und Wähler, sich zu informieren, Fragen zu stellen, zu diskutieren und sich schließlich für einen der Bewerber zu entscheiden, allzu sehr eingeschränkt. Ein Wahltermin im November ist vor allem der Bedeutung des Amtes angemessen.
Die Stadtverordnetenversammlung sollte deshalb den Wahltermin auf den 7. November festlegen, eine eventuelle erforderliche Stichwahl könnte dann am 21. November stattfinden.
Das ist der Bedeutung des Amtes des Bürgermeisters und der Wahl angemessen und stärkt das Demokratieprinzip. Die Entscheidung der Wählerinnen und Wähler gilt schließlich für 6 Jahre mit der Erwartung einer zweiten Wahlperiode und dann in der Erwartung vieler mit weiteren 6 Jahren bei guter Arbeit der Amtsinhaberin/ des Amtsinhabers. Das ist zu wichtig – da darf kein Zeitdruck entstehen, den Zeitdruck müssen wir rausnehmen.
Die Vorstellung, dass Kandidatinnen und Kandidaten sich in Pandemiezeiten lediglich digital vorstellen und präsentieren können, erfüllt mich mit Schrecken und der Erkenntnis, dass wir nicht alle Wählerinnen und Wähler teilhaben lassen können.
Die nächste Annahme, man könnte mit einer Zusammenlegung der Wahltermine einen Großteil an Kosten einsparen, ist eine Milchmädchenrechnung. Denn der gesamte Aufwand für die Durchführung des Wahlverfahrens, das Aufstellen des Wählerverzeichnisses, die Herstellung und den Versand der Wahlbenachrichtigungen, Stimmzettel, Briefwahlunterlagen und die Dienstleistungen von Ekom21 entsteht unabhängig vom Wahltag. Da eine denkbare Stichwahl bei drei und mehr Kandidaten recht wahrscheinlich wäre, würden so oder so noch gesonderte Kosten auf die Stadt zukommen.
Die durch einen gesonderten Urnengang entstehenden zusätzlichen Kosten machen somit nur einen kleinen Teil aus und das sollte uns die demokratische Wahl als wichtige Auswahlentscheidung und Persönlichkeitswahl wert sein. Sollten wir im Ernst hoppla-hopp eine so bedeutende demokratische Wahl unter Zeitdruck durchführen, um Geld zu sparen?
Auch inhaltlich-politisch spricht nichts für eine Zusammenlegung der Bürgermeisterwahl mit der Bundestagwahl 2021. Die Position und Aufgaben des direkt gewählten Bürgermeisters unterscheiden sich erheblich von denen der Bundestagsabgeordneten, auch sind die politischen Konstellationen in beiden Wahlen völlig unterschiedlich. Zudem droht eine Überlagerung der Bürgermeisterwahl durch bundespolitische Themen, durch die Persönlichkeitswahl des Direktkandidaten für den Bundestag und die Frage der künftigen Regierungsbildung und der Kanzlerwahl.
Die Wahl zum Bürgermeister ist nicht nur das demokratische Grundrecht der Bürgerinnen und Bürger. Bürgermeisterwahlen sind eine wichtige Mitwirkungsmöglichkeit an der Politik vor Ort.
Die Bürgermeisterwahl ist in ihrem Wesen ganz etwas anders als eine Bundestagswahl. Gewählt werden Persönlichkeiten und nicht Parteien. Der Fokus liegt zudem auf die künftige Stadtpolitik und der Stabilität künftigen Handelns für die Stadtgemeinschaft. Die Gudensbergerinnen und Gudensberger müssen ausreichend Zeit und Möglichkeiten haben, die Kandidaten, deren Kompetenzen und deren Ziele kennenzulernen. Diese Wahl ist viel zu wichtig für die zukünftige Entwicklung Gudensbergs und für deren, nicht nur finanzielle, Stabilität.
Der Bürgermeister ist sowohl Vorsitzender des Magistrats als auch Verwaltungsleiter, also oberster Dienstvorgesetzter aller Beschäftigten der Stadt Gudensberg. Das erfordert entsprechende Fähigkeiten und Kompetenzen einer Bewerberin oder eines Bewerbers. Welche Erfahrungen, welche Erfolge haben diese Persönlichkeiten machen können? Meine Entscheidung möchte ich nicht anhand einer Power-Point-Präsentation, Videos und Flyer allein treffen müssen!
Wir dürfen diese außergewöhnliche Situation auch nicht für strategische Spielchen nutzen. Es geht jetzt nicht darum, welcher Termin welchem Kandidaten am meisten Vorteile verschafft, denn meines Wissens gibt es ja auch noch keine Kandidatur, nicht mal Interessenten, die sich schon geoutet haben.
Die Corona-Krise wird von der Stadt schon sehr bald schwierige und weitreichende Entscheidungen verlangen. Hierfür sollte eine Bürgermeisterin oder ein Bürgermeister im Amt sein, die/der auch deren Umsetzung in den folgenden Jahren verantwortet. Es sollte auch möglich sein, dass eine Kandidatur von einer breiteren Basis getragen wird und nicht allein von einzelnen Wählergruppen abhängig ist.“