
Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher, meine sehr geehrten Damen und Herren,
der vorliegende Antrag auf Ausnahme von der Veränderungssperre für die Erweiterung eines Hähnchenstalles in der Gemarkung Gudensberg ist ein Antrag, der nicht auf Grundlage von ethischen Grundsätzen entschieden werden kann.
Ich will ihnen dies im Folgenden genauer erläutern:
Bei der Genehmigungspraxis von Intensivtierhaltungsanlagen sind wir uns bewusst, dass es für Kommunen nach aktueller Gesetzeslage nur geringe Einflussmöglichkeiten gibt und eher nur Steuerungsmöglichkeiten, aber nicht Verhinderungsmöglichkeiten bestehen.
Diese versuchen wir mit einer Bebauungsplan zur Steuerung der Intensivtierhaltung, begleitet mit einer Veränderungssperre, zu nutzen.
Doch als Kommune haben wir nicht die volle Entscheidungskompetenz. Beim vorliegenden Antrag ist bereits jetzt klar, dass eine Genehmigung nicht entsagt werden kann! Da lässt uns der Bundesgesetzgeber keinen Entscheidungsraum.
Welche aktuellen Möglichkeiten haben wir denn überhaupt als kommunales Parlament?
Wir haben begonnen, mit einer Veränderungssperre für die Zeit der Erstellung einer Bebauungsplanung zur Steuerung der Intensivtierhaltung, uns überhaupt dem Thema widmen zu können. Wir hatten die Hoffnung, zumindest in diesem Zeitraum keine Anträge auf Errichtung von Tierhaltungsanlagen behandeln zu müssen. Stattdessen haben wir sogar mit zwei Anträgen zu tun.
Im September läuft nun die Veränderungssperre aus und es kristallisiert sich eine Lösung heraus, die dazu führen wird, dass wir als Kommune Kriterien aufsetzen werden, die es uns ermöglichen, Pufferzonen auszuweisen. Hierbei sollen insbesondere Wohngebiete, FFH-Gebiete, Erholungsbereiche und andere städtebauliche Entwicklungen geschützt werden.
Die nun beantragte Ausnahme von der Veränderungssperre wird nach aktuellem Planungsstand die zukünftigen Kriterien erfüllen. Soll heißen, für den geplanten Errichtungsort gibt es keine Einschränkungen.
Von Anfang an war aber klar, dass die Bebauungsplanung nicht generell die Errichtung von Tierhaltungsanlagen untersagen kann!
Hier sollte endlich eine Lösung aller Ebenen und politischer Richtungen erarbeitet werden, die auch dem Gemeinwohl wirklich nutzt!
Und bitte verstehen Sie mich nicht falsch. Wir wollen nicht die Tierhaltung generell verbieten. Wir wollen sie nur wirklich vor Ort steuern können und damit einen Dialog vor Ort zu schaffen. Wir sind, und da nehme ich alle Fraktionen mal mit ein, ein Parlament, welches den Dialog mit den landwirtschaftlichen Betrieben sucht.
In diesem Parlament haben wir uns bereits gegen die Errichtung von weiteren Mastanlagen ausgesprochen, in denen Tiere in großer Zahl nicht artgerecht und damit ethisch nicht verantwortbar gehalten werden und von denen schädliche Emissionen ausgehen.
Doch leider geht es hier nicht darum!
Wir fordern den Gesetzgeber auf, die Privilegierung von Bauvorhaben im Außenbereich weiter einzuschränken, damit wir uns mit jedem Bauvor-haben hier in diesem Parlament auseinandersetzen können. Bundes-umweltministerin Barbara Hendricks hatte dazu sogar im Oktober vergangenen Jahres die Initiative ergriffen leider ohne Erfolg beim Koalitionspartner.
Was bleibt? Wir können nur versuchen, auf den Bauherren Einfluss zu nehmen und Absprachen zu erzielen. Damit wollen wir den Anspruch der Bürgerinnen und Bürger auf Vermeidung von künftigen unzumutbaren Beeinträchtigungen und Gefährdung realisieren.
Daher auch das Bemühen, dem Antragsteller eine Pflicht zu einer Abluftfilterung in der neuen Anlage aufzuerlegen.
Dies ist für uns ein wichtiges Entscheidungskriterium, denn wir wollen nicht, dass es zu starken Geruchsbelästigungen im Umgebungsbereich kommt.
Die Filteranlage soll nach dem Stand der Technik Gerüche erheblich (um 70%) reduzieren. Damit soll auch ein Konflikt mit dem FFH-Gebiet Am Nacken vermieden werden!
Herr Stadtverordnetenvorsteher, meine geehrten Damen und Herren,
wir können also heute nicht verhindern, wir könnten maximal einen zeitlichen Aufschub erreichen.
Anders sieht es im zweiten Fall aus, der allerdings hier nicht zur Debatte steht:
Dieser Fall erfüllt nicht die Bedingungen der vorgesehenen Bebauungsplanung. An diesem Ort können wir die geplante Errichtung ablehnen, da ein ausreichender Abstand zur Wohnbebauung nicht gegeben ist. Das Instrument greift also durchaus!
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
das Abstimmungsverhalten für die vorliegende Ausnahmegenehmigung haben wir selbstverständlich in der Fraktion freigegeben. Es ist uns aber bewusst, dass eine Ablehnung nicht möglich ist, denn eine Zustimmung würde eben dann von anderer Stelle erfolgen. Erreichen können wir damit nichts.
Da stecken die Stadtverordneten in einem Dilemma. Weitere Wortbeiträge unserer Fraktion werden dieses noch verdeutlichen.
Wie manch andere Fraktion könnten wir es uns leicht machen und einfach ablehnen. Wir sind uns unserer realen Möglichkeiten und Notwendigkeiten, aber auch unserer Verantwortung jedoch bewusst und übernehmen auch diese Verantwortung. Wir wollen Schaden von unserer Kommune abwenden, wir möchten im Dialog gute Verhandlungsergebnisse erzielen!
Daher, meine Damen und Herren, werden einige, verstärkt aus ethischen Motiven, sich der Stimme enthalten. Andere werden aus den genannten Gründen zustimmen.