Gewerbegebiet Am Odenberg

Fraktionsvorsitzender Michael Höhmann

Michael Höhmann sprach vor der Stadtverordntenversammlung zum Satzungsbeschluss hinsichtlich der Ausweisung eines Gewerbegebietes "Am Odenberg". Er betonte, dass mit der Ausweisung nun endgültig die Geruchsimmissionen der Vergangenheit anghören werden. Diese Forderungen der Bürgerinnen und Bürger würde nun erfüllt werden.

Es gilt das gesprochene Wort!

Herr Stadtverordnetenvorsteher, meine Damen und Herren,

ich freue mich – ich freue mich heute hier so viele Gäste zu sehen. Es ist ja für uns Stadtverordneten nicht immer einfach, die Öffentlichkeit zu erreichen.

Der Dialog sollte mit der Öffentlichkeit aber viel mehr ermöglicht werden.

Wir haben heute unsere Weihnachtssitzung. Früher wurde der Haushalt durch den Bürgermeister unserer Stadt eingebracht und es blieb noch Zeit, im Anschluss gemütlich zusammen zu sitzen.

Die Arbeit der Stadtverordnetenversammlung hat indes in den vergangenen Jahren schon so zugenommen, dass selbst die beschauliche Weihnachtssitzung mit über zehn Tagesordnungspunkten versehen wird. Wir als Ehrenamtler investieren viel Zeit und Engagement, um den Herausforderungen gerecht zu werden.

Meine Damen und Herren,

ich bin betrübt – ich bin betrübt, dass die Arbeit der ehrenamtlich tätigen Stadtverordneten solchen Angriffen ausgesetzt wird, wie wir es derzeit erleben. Da heißt es, die Stadtverordneten sollen „zur Besinnung kommen“ und weiter: „Hauptsache die Kohle stimmt“.

Ich möchte ausdrücklich betonen, dass die Arbeit der Bürgerinitiative gegen Massentierhaltung wichtig ist und wir uns bemühen sollten, gemeinsam alle Möglichkeiten zu nutzen, auf eine tiergerechte Haltung aber vor allem auf das Verbraucherverhalten einzuwirken.

Der Bau von Intensivmastanlagen trifft bei den Bürgerinnen und Bürgern auf immer stärkere Vorbehalte hinsichtlich des Tier-, Gesundheits- und des Umweltschutzes. Möglicherweise zu erwartende Genehmigungen und Anträge für Intensivmastanlagen lassen die Sorgen in der Bevölkerung wachsen. Das ist der Kern Ihrer Arbeit als BI.

Damit setzt sich die SPD-Fraktion im Gudensberger Stadtparlament intensiv auseinander.

In früheren öffentlichen Veranstaltungen haben wir uns zunächst vor allem mit den bundesrechtlichen Vorgaben des Baugesetzbuches auseinander gesetzt, denn die kommunalen Einflussmöglichkeiten sind – wie Sie wissen – sehr begrenzt.

Schon bei unserer Podiumsdiskussion: "Hauptsache günstig? Agrarpolitik und Massentierhaltung – Die Zukunft der Landwirtschaft in der ländlichen Region (SPD-Bundestagsfraktion vor Ort)" in Gudensberg am 27. Juni 2012 war der landwirtschaftliche Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion und Tierarzt, Wilhelm Priesmeier, dabei. Auf Einladung der Stadt Gudensberg nahm er auch an der Informationsveranstaltung mit dem Thema „Wie sieht die Zukunft der Landwirtschaft und Viehhaltung in unserer Region aus?“ in diesem Jahr teil. Da ging es gerade um die bundesrechtlichen Vorgaben des Baugesetzbuches.

Aktuell fehlt es den Kommunen nach dem Baugesetzbuch an Einflussmöglichkeiten zur Steuerung und Begrenzung von Fehlentwicklungen in der Intensivtierhaltung. Wir setzen uns deshalb von Beginn an für eine Änderung des umstrittenen § 35 im Baugesetzbuch einsetzen. Der §35 passt nicht mehr in die heutige Zeit weil er die industrielle Landwirtschaft fördert. Mit sogenannten privilegierten Vorhaben im Außenbereich ist es der Kommune kaum möglich, eine Genehmigung zu entsagen.
Wir sind aber wie Sie der Meinung, die Ausweitung bestehender landwirtschaftlicher Betriebe soll seitens der Kommune gesteuert werden können!

Daher hatten wir uns für eine Veränderungssperre ausgesprochen, die uns eine 2-jährige Planungszeit zur Steuerung von Intensivtierhaltungsanlagen einräumt. In dieser Zeit sind keine Baupläne für neue und erweiterte Mastanlagen möglich. Nun gilt es, in einer neuen Bebauungsplanung die kommunalen Steuerungsmöglichkeiten wahrzunehmen.

Das wird schwierig und teuer werden. Das muss es uns aber Wert sein!

Da sind wir Vorreiter! Kaum eine Kommune kann sich das, zumeist aus finanziellen Gründen und aufgrund zu geringer personeller Ressourcen leisten. Wir werden Abstände zur Wohnbebauung bestimmen können und schutzwürdige Räume sichern können. Aber auch dieses Instrument ist kein Verhinderungsinstrument – wir schränken ein, wir steuern, aber dennoch werden privilegierte Bauvorhaben im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten zu erwarten sein.

Meine Damen und Herren,

der Schutz der Bürger und der Natur vor schädlichen Einwirkungen, Klimaschutz und Tierschutz sind für uns Verpflichtung in unserem kommunalen Handeln. Für diese Aussage bin ich in einem Leserbrief in der Tagespresse beleidigt worden. Ich sei so glaubwürdig wie ein NPD-Funktionär, der sich für Schwule und Lesben einsetze!

Doch die SPD-Fraktion hat sich längst eindeutig positioniert: Die SPD-Fraktion im Gudensberger Stadtparlament spricht sich gegen die Errichtung von weiteren Mastanlagen aus, in denen Tiere in großer Zahl nicht artgerecht und damit ethisch nicht verantwortbar gehalten werden und von denen schädliche Emissionen ausgehen.

Das können Sie auf unserer Homepage ausführlich nachlesen!

Wir sprechen uns deutlich für einen verbesserten Tierschutz mit hohen Tierschutzstandards und artgerechter Tierhaltung aus.

Dabei steht für uns das Gemeinwohl im Vordergrund. Es gilt eine regionale und tiergerechte Qualitätsproduktion zu stärken, damit Nahrungsmittel vor Ort hergestellt, verarbeitet und verkauft werden. Es muss der Verbraucher sensibilisiert werden, woher wir unsere Lebensmittel beziehen und wie sie erzeugt werden. Es liegt – wie sie ja auch immer wieder feststellen – letztlich am Kaufverhalten der Verbraucher, wie nachhaltig eine regionale und tiergerechte Nahrungsmittelerzeugung sich durchsetzen kann.

Wir haben unserer kommunalpolitischen Arbeit ein Leitgedanke vorangestellt:

>> Der Schutz der Bürger und der Natur vor schädlichen Einwirkungen, sowie Klimaschutz und Tierschutz sind für uns Verpflichtung in unserem kommunalen Handeln.

Mit unseren kommunalpolitischen Entscheidungen wollen wir den Anspruch der Bürgerinnen und Bürger auf Vermeidung von künftigen unzumutbaren Beeinträchtigungen und Gefährdung realisieren. <<

Das sehen wir als unseren Auftrag, dem wir im Rahmen unserer Möglichkeiten gerecht werden wollen.

Nochmals: Wir haben nur eingeschränkte Steuerungsmöglichkeiten. Umso wichtiger ist es, konsequent künftige Beeinträchtigungen und Gefährdungen zu vermeiden.

Das ist unser kommunalpolitischer Auftrag!

Mit Blick auf die Beschlussfassung über die Flächennutzungs- und die Bebauungsplanes des Gewerbegebietes „Am Odenberg“ ist sich die Fraktion einig:

1. Auf dem ersten Bauabschnitt ist es notwendig, dass auf diesem Grundstück der Geflügelschlachtbetrieb eine Abluftanlage zur Vermeidung von Geruchsemissionen bauen kann.

2. Auf dem zweiten Bauabschnitt wollten wir die Einstellung der Tierfutterproduktion bewirken, um Geruchsemissionen zu vermeiden. Das ist bereits gelungen. Doch diese Ruine muss nun verwertet werden.

3. Die Veränderungssperre muss genutzt werden, um Intensivtierhaltungsanlagen so zu beplanen, dass Mindestabstände zur Wohnbebauung geschaffen werden, dass schutzwürdige Räume erhalten und gesichert werden und auch dem Tagestourismus Rechnung getragen wird.

Meine Damen und Herren,

es war und ist ein klarer Bürgerauftrag in Gudensberg, die Geruchsemissionen zu beseitigen und diesem Auftrag leisten wir mit der heutigen Entscheidung folge!

Damit werde die zwei Hauptgeruchsemittenten behandelt und Geruchsentstehung künftig vermieden.

Sie sehen, mitnichten geht es mit der heutigen Beschlussfassung um die Erweiterung des Geflügelschlachtbetriebes. Dafür sind wir nämlich nicht zuständig. Dieses ist Gegenstand eines Antrages nach Bundesimmissionsschutzgesetz bei der zuständigen Behörde – dem Regierungspräsidenten in Kassel. Damit sollte aber auch klargestellt sein, dass eine Erweiterung der Produktionskapazitäten unabhängig von unseren Entscheidungen um die Erweiterung des Gewerbegebietes erfolgt. Ich glaube, das wissen die wenigsten!

Herr Stadtverordnetenvorsteher, meine Damen und Herren,

ich bin entsetzt – ich bin entsetzt, dass ein bestehender Betrieb verdrängt werden soll. Die BI hat als Ziel ausgegeben, den Geflügelschlachtbetrieb aus der Region
„vergraulen“ zu wollen.

Doch auch dieses Unternehmen genießt wie andere die grundgesetzlich geschützte Gewerbefreiheit, sie genießt Bestandschutz, wie es im Bürgerlichen Gesetzbuch verankert ist.

Allein 80 Familien in Gudensberg zittern vor Angst um ihre Arbeitsplätze. Handwerksbetriebe fürchten um ihren Auftragseingang und nicht zuletzt:

Der bestehende Geflügelschlachtbetrieb kann nicht verdrängt werden, denn Tiere auch aus artgerechter Tierhaltung müssen geschlachtet werden und dies nach den hohen europäischen Standards nach der Richtlinie 93/119/EG.

Ich versuche es mir vorzustellen was es bedeutet, einen Betrieb zu vertreiben. Doch sofort frage ich mich, wer dann als nächstes „unbequem“ ist und verdrängt werden sollte. Vielleicht Logistikunternehmen aufgrund des hohen Co2-Ausstosses? Oder die Bäckerei auf der „grünen Wiese“, weil sie dazu beiträgt, unsere Innenstadt veröden zu lassen, wie manche meinen könnten?

Meine Damen und Herren, das werden Sie von uns niemals verlangen können. Ich glaube auch kaum, dass das eine breite Mehrheit in unserer Bevölkerung finden könnte.

Aber eines bin ich mir sicher:

Die Bürgerinnen und Bürgern erwarten eine Bekämpfung und Vermeidung der „Stinkerei“ und das wollen wir auch mit dem heutigen Beschluss unbedingt durchsetzen. Da stehen wir den Bürgern gegenüber im Wort!

Aber Ihre Sorgen hinsichtlich der vermuteten Auswirkungen der Entwicklung des Geflügelschlachtbetriebes erkennen wir an. Hier müssen wir uns mit auseinandersetzen. Um das glaubhaft zu bekräftigen, haben wir daher den Grundstücksverkauf im Gewerbegebiet heute von der Tagesordnung genommen. So gewinnen wir Zeit für Diskussionen und Abstimmungen. Und die sollten wir nutzen!

Es ist sehr erfreulich, dass die Initiatoren der Unterschriftensammlung das Gesprächsangebot unseres Bürgermeisters akzeptiert haben. Ich hoffe auf einen fruchtbaren Dialog.

Herr Stadverordnetenvorsteher, meine Damen und Herren,

der Schutz der Bürger und der Natur vor schädlichen Einwirkungen, sowie der Klimaschutz und Tierschutz sind für uns Verpflichtung in unserem kommunalen Handeln, ich sagte es bereits.

Nicht ohne Grund versuchen wir, alle uns rechtlich zur Verfügung stehenden Mitteln dafür einzusetzen. Wir alle wissen, dass die rechtliche Lage uns nur stumpfe Schwerter an die Hand gibt. Unerwünschte Entwicklungen können nur schwerlich beschränkt oder verhindert werden.

Deshalb haben wir heute einen Satzungsbeschluss herbeizuführen. Und wir haben die Möglichkeit, intensiv die Diskussion zu suchen. Das sollten wir nutzen!

Vielen Dank!