Bürgermeister Börner zum Bürgerbegehren und zum Thema Massentierhaltung

Bürgermeister Frank Börner

Es gilt das gesprochene Wort:

"Herr Stadtverordnetenvorsteher,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

wir haben Ihnen bereits vorab mitgeteilt, dass am Montag eine Sammlung mit über 800 Unterschriften im Rathaus abgegeben wurden. Das Bürgerbegehren zielt auf die Aufhebung eines Beschlusses der Stadtverordnetenversammlung vom 17.10.2014 ab, der die Behandlung der Anregungen und Bedenken zum Bebauungsplan am Odenberge und die Auslegung des Planentwurfes betraf. Die Unterzeichner beantragen einen Bürgerentscheid zur Aufhebung dieses Beschlusses.

In der Hess. Gemeindeordnung ist geregelt, dass in Fragen der Bauleitplanung keine Bürgerentscheide zulässig sind, es sei denn, es handelt sich um sogenannte Aufstellungsbeschlüsse. Der Beschluss vom 17.10.2014 war kein Aufstellungsbeschluss, sodass ein Bürgerentscheid darüber nicht zulässig ist. Diese Rechtsauffassung hat der Hess. Städte-und Gemeindebund vorgestern bestätigt, das Schreiben liegt Ihnen vor.

Die abschließende Entscheidung darüber hat die Stadtverordnetenversammlung zu treffen. Der Stadtverordnetenvorsteher hat mir signalisiert, dass er die Beschlussfassung für die Sitzung am 29.01.2015 vorgesehen hat.

Aufgrund der eindeutigen Rechtslage können somit die Tagesordnungspunkte 8 und 9, die sich mit der Bauleitplanung am Odenberg befassen, beraten und beschlossen werden.

Allerdings habe ich den Stadtverordnetenvorsteher gebeten, den Tagesordnungspunkt 10, der sich mit der Veräußerung einer Teilfläche des Gewerbegebietes befasst, von der heutigen Tagesordnung zu nehmen. Ich sehe hier keinen akuten Beratungsbedarf.

Die Botschaft des Bürgerbegehrens, die nehmen wir allerdings sehr ernst. Deshalb ist es m.E. wichtig, miteinander ins Gespräch zu kommen. Viele Einwände bezogen sich auf die Problemkreise Geruchsbelästigungen, Keime, Verkehrsbelastung, Arbeitsverhältnisse, Massentierhaltung, Nahrungsmittelproduktion und Lärm. Diese Fragen sind im Rahmen des Genehmigungsverfahrens nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz zu behandeln.

Mit dem Regierungspräsidium Kassel habe ich deshalb vereinbart, am 21.1.2015, 10 Uhr einen Erörterungstermin im Bürgerhaus Gudensberg, und nicht im Gebäude des Regierungspräsidiums in Kassel durchzuführen. Ich bitte Sie alle, sich diesen Termin zu notieren und an der Beratung mit den Fachleuten teilzunehmen.

Ich möchte Ihnen an dieser Stelle auch mitteilen, dass ich diese Woche ein langes und gutes Gespräch mit Herrn Horst Blum und Herrn Horst Sandmüller sowie Herrn Andreas Grede aus Niedenstein als Vertreter der Bürgerinitative gegen Massentierhaltung geführt habe.

Ich darf Ihnen berichten, dass wir in entspannter Atmosphäre getagt haben. Herr Blum hat deutlich gemacht, dass es ihm vor allem darum gehe, das Bewußtsein der Bürger für das Thema Massentierhaltung und gesunde Ernährung zu schärfen. Dieses Ziel sehe er mit der Unterschriftensammlung als erreicht an.
Ich habe angeboten, daß wir etwa gemeinsam überlegen, die Qualität des Mittagessens im Kindergarten und in unseren Schulen mit regionalen und gesunden Lebensmitteln zu verbessern. Entsprechende Vorschläge diskutiere ich seit langen mit den Kindergarten- und Elternbeiräten, mit wenig Erfolg.

Ich habe darauf verwiesen, dass sich die Stadtverordnetenversammlung bereits mehrfach mit der Problematik befasst und im März Maßnahmen beschlossen hat, um problematische Stallneubauten oder Stallerweiterungen planerisch zu steuern.
Dieser Beschluss ist mit einer Veränderungssperre versehen, d. h. die Genehmigung neuer Ställe für Schweine, Kühe oder Hühner ist nur noch bei einer ausdrücklichen Zustimmung der Stadt Gudensberg möglich. Deshalb werden wir die nächsten 2 Jahre nutzen, um im Dialog mit den Bürgern zu klären, ob und unter welchen Voraussetzungen weitere Stallbauten in Gudensberg und seinen Stadtteilen möglich sein sollen. Die Frage der Geruchsemmissionen, des Landschaftsschutzes und der Lebensbedingungen unserer Bürger werden dabei von zentraler Bedeutung sein.

Dem Vertreter der Bürgerinitiative habe ich allerdings auch gesagt, was mit uns, als den politisch Verantwortlichen, zumindest mehrheitlich in Gudensberg nicht zu machen ist. Wir kämpfen nicht gegen einen Betrieb, der seit vielen Jahren zu Gudensberg gehört, der in Gudensberg seit Jahrzehnten Geflügel schlachtet, der hier einmal das Aushängeschild und der Stolz der Gudensberger war und an dem inzwischen über 400 Arbeitsplätze hängen.

Sicher nicht ohne Grund sind heute so viele Mitarbeiter des Schlachtbetriebes hier erschienen. Sie haben Angst um ihren Arbeitsplatz, um ihre Existenz. Viele von Ihnen wohnen in Gudensberg, sind Teil unserer Gesellschaft.

Solange wir Deutschen nicht auf Fleischkonsum verzichten wollen und gerade bei Hähnchen nimmt der Konsum ja nicht ab sondern zu, weil Hähnchenfleisch ja als sehr gesund gilt, solange wird es Schlachthöfe geben und die sind uns in Deutschland lieber, als etwa in Brasilien.

Aber wir sind mit Ihnen und kämpfen dafür, wenn es darum geht, die Haltungsbedingungen der Tiere zu verbessern, etwa durch weniger Tiere auf mehr Fläche und wir kämpfen auch mit allen, die sich gegen Überzüchtung und unnötigen Antibiotikaeinsatz wenden.

Viele Probleme sind noch zu lösen, etwa das Vermitteln von Deutschkenntnissen für ausländische Mitarbeiter, vernünftige Wohnbedingungen oder die Integration der Familien in unsere Gesellschaft. Das geht nur in vielen Gesprächen und ich bin der Betriebsleitung dankbar, auch das darf einmal gesagt werden, daß solche Themen am runden Tisch besprochen werden und Plukon sich für konkrete Lösungsansätze offen zeigt.

Ich bin überzeugt, die große Mehrheit der Gudensberger Bürgerinnen und Bürger möchten diesen Weg gehen und sie möchten vor allem eines, nämlich dass es in Zukunft nicht mehr riecht und stinkt. Die Beschlüsse zur heutigen Tagesordnung ermöglich genau dies, nämlich dass die Fa. Plukon endlich in eine neue Abluftbehandlungsanlage investieren kann und dass wir Einsteigen in eine neue Diskussion über die Wertigkeit von Lebensmitteln.

Ich danke Ihnen!"