
Baumschutzsatzung gefälligst? Haben wir schon!
Ja, es gibt viele Aufregerthemen zur Zeit, wie die Massentierhaltung, die geplanten SuedLink-Trassen oder die Lärmbelästigung an der A49. Und nun das: Baumfällungen fordern den Widerstand der Bürgerinnen und Bürger heraus. Und wieder ernten Stadtverordnete und Abgeordnete nur Unverständnis.
In einem Leserbrief an HNA nach der Fällung einer 100 Jahre alten Kastanie in Homberg schreibt eine Leserin aus Homberg: Warum gibt es in unserem Ort keine Baumsatzung, die solche Bäume zu Denkmälern macht? Diese Frage sollten sich alle Stadtverordneten der vergangenen 30 Jahre stellen. Für welche Ideale haben sie sich wählen lassen?
Also habe ich gegoogelt nach Baumfällung und HNA: Baumbesetzung und Empörung aktuell in Homberg, Protest gegen Baumfällung in Hofgeismar im November, Kritik an Baumfällung in Körle im Oktober Da besteht wohl doch Handlungsbedarf in vielen Kommunen.
Anlass genug für mich, auf die Arbeit der Kommunalpoltiker in Gudensberg hinzuweisen. Bereits in 2008 hat die SPD-Fraktion einen Antrag auf Verabschiedung einer Baumschutzsatzung für Gudensberg gestellt und am 29. Mai 2008 im Gudensberger Stadtparlament verabschiedet. Nicht ohne Gegenwind in der Auseinandersetzung darum!
Die Baumschutzsatzung kann im Internet nachgelesen werden: Satzung zum Schutz der Grünbestände (Baumschutzsatzung BSchS)
Die damalige Debatte kann anhand des Redebeitrages des SPD-Fraktionsvorsitzenden, Michael Höhmann nachgestellt werden. Hier der Redebeitrag:
Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher,
meine sehr geehrten Damen und Herren!
Die zum Beschluss vorliegende Baumschutzsatzung dient dem Schutz und dem Erhalt der Grünbestände genauer der schützenswerten Baumbestände in unserer Stadt. Ich verweise auf den § 1.
Bäume haben eine wichtige Funktion für die Verbesserung der Luftqualität, die Lärmminderung und als Lebensraum für Tiere. All dies ist doch unstreitig.
Bäume sind ein wesentlicher Faktor für die Attraktivität der Innenstadt und der Stadtteile. Sie prägen das Stadtbild. Können wertvolle alte Bäume ersatzlos gefällt werden, geht damit ein wesentlicher Teil der Lebensqualität verloren. Hier sind wir beim entscheidenden Punkt.
Lassen Sie mich das festhalten: Es ist geboten, alle Möglichkeiten zu nutzen, den schützenswerten Baumbestand zu sichern d.h. die Lebensqualität zu erhalten und bürokratische Regelungen dennoch dabei einfach zu halten.
Die Satzung ist teuer sagen Sie, sowohl für diejenigen, die sich nach ihr richten und Ausgleichsmaßnahmen durchführen als auch für die Stadt, die im Vorfeld die Anträge auf Baumfällung prüfen müssen.
Wir haben eine liberale Satzung: der Ersatz wird lediglich bei rechtswidriger Fällung gefordert. Zudem sind die Genehmigungen kostenfrei. Und wir wollen eben kein Baumkataster erstellen. Hier entstehen je nach Aufwand, der vorgesehen würde, kosten von rund 30.000. Da schießen wir über das Ziel hinaus.
Nun unterstützen uns eigentlich die Fraktion der Grünen. Die Satzung sei im Prinzip richtig und schlüssig, so der Stadtverordnete Horstmann. Die Schutzfunktion sei erst mit einer weiteren Konkretisierung in Form eines Katasters erfüllt. Hiergegen sprechen die von mir aufgeführten Erstellungskosten. Die Erfahrung zeigt, dass der schützenswerte Bestand und auch darüber hinaus bereits durch die Bürger hinreichend überwacht wird. Fällarbeiten werden gemeldet und können so überprüft werden. So wachen die Bürger darüber, dass verantwortungsvoll mit schützenswerten Naturgütern umgegangen wird.
Wir machen mit der Baumschutzsatzung deutlich, was schützenswert ist. Und wir stärken das Verantwortungsbewusstsein. Damit sichern wir wieder ein Stück Zukunft und ein lebenswertes Gudensberg.
Zwei Argumentationen stehen sich weiterhin hier gegenüber: Einerseits wird die hohe ökologische und ästhetische Bedeutung des Großgrüns im Siedlungsbereich und dessen Gefährdung gerade auch im privaten Bereich geltend gemacht, andererseits werden die Selbstbestimmungsrechte der Bürger und die Vermeidung unnötigen Verwaltungshandelns betont.
Das Argument ist nicht neu: Die Baumschutzsatzung enge das Selbstbestimmungsrecht des "mündigen" Bürgers ein, der als Naturfreund keine überflüssige Fällung vornehmen würde. Unsere Baumschutzsatzung sieht jedoch gerechtfertigte Ausnahmen vor, und es gibt die Möglichkeit der Beratung und Abstimmung mit dem Betroffenen. Ist eine Baumaßnahme eingeschränkt, eine Terrasse durch Überschattung unbenutzbar oder der Baum nicht mehr standfest es ist doch keine Frage, dass der Baum weggenommen werden kann.
Die Satzung ist eine bürokratische Gängelung sagen Sie, weil Bäume ab einem Stammumfang von 90 cm einer Fällgenehmigung bedürfen. Ohnehin würden die meisten Bäume bei 89 cm gefällt, um einem Konflikt mit der Baumschutzsatzung zu entgehen, nur weil der Eigentümer später mal keinen "Stress" mit der Baumschutzsatzung haben will.
Doch nicht alle Bäume diesen Umfangs bedürfen der Fällgenehmigung. Ein Beispiel: Es ist Weihnachtszeit und in diesen Tagen werden wieder viele Nadelbäume mit Wurzeln gekauft, die nach dem Weihnachtsfest unvorsichtigerweise in die Vorgärten gepflanzt werden, und nach Jahren stellen die Besitzer fest, dass die Bäume zu dicht gepflanzt worden sind und vor allem Fichten und Tannen auf zu kleinem Raum stehen und viele Wohnungen verdunkeln und nur noch stören. Diese können folgenlos beseitigt werden. Nadelbäume sind in der Satzung ausdrücklich ausgenommen!
Auch für Laubbäume haben wir eine unbürokratische Lösung. Nur Bäume mit einem Stammumfang von 90 Zentimetern in einem Meter Höhe fallen in den Geltungsbereich der neuen Satzung. Dies hat zwei positive Effekte: Gehölze mit zu kleinem Umfang können unbürokratisch entfernt werden – ohne durch die Mühlen der Bürokratie zu laufen -, und durch die Beschränkung auf 90 Zentimeter Stammumfang wird sichergestellt, dass mächtiges Gehölz weiterhin unter Schutz steht und dessen Entfernung durch eine Ausgleichsabgabe, die für Maßnahmen des Naturschutzes zu verwenden ist oder durch Ersatzpflanzung von Laubbäumen an anderer Stelle kompensiert wird. Obstbäume sind ausgenommen, außer Nussbäume und Esskastanien.
Zumindest eine fachlich kompetente Beratung wäre in vielen Fällen sicher angebracht, bevor die Säge angesetzt wird. Durch die Baumschutzsatzung wird dies gewährleistet – und in den meisten Fällen wird ein Fällantrag auch genehmigt werden.
Von Gängelung kann also keine Rede sein, statt dessen geht es darum, verantwortungsvoll mit einem Naturgut umzugehen.
Die Baumschutzsatzung ist notwendig. Das beweisen bisherige private Fällaktionen. So wurden im Bereich des Ortskerns Gudensberg herrlich Nussbäume und Akazien gefällt, um besser mähen zu können und weniger Laub entfernen zu müssen. Das Bild einer wichtigen Ausfallstraße Gudensbergs ist damit dramatisch verändert und wie wir meinen verschlechtert worden. Wir haben viele schützenswerte Bestände: Die herrliche mächtige Buche in der Fritzlarer Straße. Die schöne Blutbuche am alten Amtsgericht. Viele Nussbäume in den Stadtteilen sind ebenso schützenswert. Dies sind nur einige Beispiele.
Klar werden einige denken, dass sie einen Baum kaufen und Pflanzen und anschließend in ihrer Freiheit beschränkt werden, einen Baum wieder zu beseitigen. Wie beschrieben steht hier das Gemeinwohl entgegen. Es ist unsere Aufgabe das Gemeinwohl zu sichern. Es ist aber auch die Aufgabe eines jeden Einzelnen ein schützenswertes Naturgut zu erhalten. Private Aktivität kommt hier allen zu Gute, allerdings ohne hieraus einen Ertrag erzielen zu können. All dies setzen wir mit der Baumschutzsatzung fest. Wir bitten um Ihre Zustimmung. Die SPD-Fraktion steht geschlossen dahinter.
Und überhaupt: pflanzen Sie doch schon mal einen Baum! Bis er einen Stammumfang von 90 cm erreicht hat, werden 20 bis 25 Jahre vergehen…