Ein Bebauungsplan für Gudensberg

"Es besteht ein berechtigtes öffentliches Interesse daran, mit einer städtebaulichen Entwicklungsplanung und Ordnung verschiedene Interessen auszugleichen und Konflikte zu vermeiden!" Das betonte Michael Höhmann in seiner Rede vor dem Gudensberger Stadtparlament.

Einstimmig beschloss die Versammlung die Aufstellung eines Bebauungsplans zur planerischen Steuerung von Tierhaltungsanlagen sowie eine Veränderungssperre.

In seiner Rede erläutert Höhmann worum es dabei geht. Es gilt das gesprochene Wort:

"Herr Stadtverordnetenvorsteher, meine Damen und Herren,

die SPD-Fraktion unterstützt die Magistratsinitiative zur Aufstellung eines Bebauungsplans mit Veränderungssperre.

Mit einer Bebauungsplaung zur planerischen Steuerung von Tierhaltungsanlagen soll eine plankonforme Nutzung des zu planenden Gebiets in den Gemarkungen Deute, Dissen, Dorla, Gleichen, Gudensberg, Maden und Obervorschütz, also für alle Stadtteile, geregelt werden.

Meine Damen und Herren,

wir haben ein berechtigtes öffentliches Interesse daran, mit einer städtebaulichen Entwicklungsplanung und Ordnung verschiedene Interessen auszugleichen und Konflikte zu vermeiden!

Seit Jahren hat der Strukturwandel in der Landwirtschaft auch in Gudensberg und im Chattengau zu einer Konzentration der landwirtschaftlich genutzten Flächen auf weniger Betriebe geführt. Gleichzeitig hat sich die Tierhaltung und Tiermast als wesentlicher Teil der landwirtschaftlichen Produktion ausgeweitet, d.h. die damit einhergehende Tierzahl pro Stall bzw. pro Betrieb hat sich erhöht.

Wegen der notwendigen und existenzsichernden höheren Wertschöpfung werden dabei immer größere Stallanlagen mit arbeitssparender Betriebstechnik angestrebt. Städtebaulich lassen sich solche Anlagen in vielen Fällen nicht mehr auf den bisherigen Hofstellen im städtischen und örtlichen Bebauungszusammenhang errichten. Eine Zersiedlung im Außenbereich ist die Folge.

Wegen der Privilegierung vieler landwirtschaftlicher Bauvorhaben im Baurecht kann die Stadt auf diese Entwicklung nur schlecht reagieren.

Mit einem Bebauungsplan kann eine weitere Zersiedelung der noch vorhandenen freien Landschaft des städtischen Gebiets weitgehend unterbunden bzw. gesteuert werden.

Herr Stadtverordnetenvorsteher, meine Damen und Herren,

ein Grund, warum viele Kommunen eine Bebauungsplanung dieser Art nicht umsetzen wollen, ist, dass es sich um ein Steuerungs- und nicht um ein Verhinderungsinstrument handelt. Es ist aufwändig, viele Interessen sind zu berücksichtigen und…

…es ist ein teueres Verfahren. Daher muss es zu gegebener Zeit mit dem erforderlichen Aufwand eingesetzt werden.

Wir haben zuletzt in 2009 für ein Teil der Gemarkung Gudensberg eine Bebauungsplanung mit Veränderungssperre vorgenommen. Es gelang, alle Seiten an den Tisch zu bekommen und einen Ausgleich der Interessen zu erzielen.

Nun gilt es, wieder aktiv zu werden.

Bereiche, in denen die Zersiedelung noch gering ist, sollten als Erholungslandschaft gesichert werden. Es kommt dabei aber nicht darauf an, dass die freizuhaltenden Flächen aus naturschutzfachlicher oder landespflegerischer Sicht besonders schutzwürdig sind.

Der "profane" Außenbereich stellt auch einen wichtigen Rückzugsraum für Tiere und Pflanzen dar.

Doch, meine Damen und Herren,

jede Medaille hat zwei Seiten.

Im Bereich vorhandener landwirtschaftlicher Höfe bzw. bestehender Tierhaltungsanlagen müssen gegebenenfalls auch Entwicklungsmöglichkeiten für die vorhandenen Betriebe berücksichtigt werden. Dieser Entwicklungsbedarf ist mit jedem Betrieb abzustimmen und muss in Einklang mit den öffentlichen Interessen gebracht werden. Mit diesem Instrument werden die Gesprächspartner an einen Tisch geholt.

Es ist wichtig, alle mitzunehmen – alle einzubinden. Auch dafür stehen wir.

Um die Entwicklung steuern zu können, muss die Stadtverordnetenversammlung ein Bebauungsplanverfahren auf den Weg bringen. Gemäß § 14 Baugesetz kann dazu eine Veränderungssperre beschlossen werden. Da heißt es: „ Ist ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst, kann die Gemeinde zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre … beschließen…“

Das ist auch wichtig, denn es ist das legitime Recht der Allgemeinheit, dass kein Einzelner vollendete Tatsachen schaffen kann, um ein langes Bebauungsplanverfahren zu unterlaufen.

Die Veränderungssperre ist eine Satzung der Stadt nach § 16 BauGB, durch die die Erteilung von Baugenehmigungen verhindert werden soll, soweit sie das Interesse einer von der Gemeinde angestrebten neuen Bauplanung berühren.

Die Veränderungssperre ist nur zulässig, wenn bereits nachdrücklich die Änderung oder auch die Aufstellung eines Planes zur Bebauung beschlossen wurde und dieser Beschluss auch entsprechend öffentlich bekannt gemacht wurde.

Beides, die Aufstellung eines Bebauungsplans sowie eine Veränderungssperre, wollen wir mit dem aktuellen Tagesordnungspunkt sowie dem Folgenden auf den Weg bringen.

Dabei ist gerade die Veränderungssperre aus unserer Sicht das probate Mittel, Kommune und Landwirtschaft an einen Tisch zu Verhandlungen zu bekommen.

Dabei steht für uns im Vordergrund, mit den Landwirten einen Konsens zu erzielen. Wir wollen eine Lösung mit und nicht gegen die Landwirtschaft.

Die Landwirtschaft ist ein bedeutender Teil unserer Gemeinschaft, gerade im ländlichen Raum. Sie erfüllt wichtige Aufgaben in unserer Gesellschaft.

Demgegenüber stehen Ängste und auch Unwissenheit in der Bevölkerung hinsichtlich der Begleitumstände landwirtschaftlicher Produktion. Wir haben die Hoffnung, dass mit dem bevorstehenden Verfahren nicht nur das gemeinsame Gespräch aller Beteiligten ermöglicht wird, sondern dass auch mehr Transparenz geschaffen werden kann. Regionale Produkte könnten damit wieder eine größere Wertschätzung erfahren, Ängste und Sorgen abgebaut werden.

Herr Stadtverordnetenvorsteher, meine Damen und Herren,

die größte Herausforderung besteht nun darin, die Akzeptanz für diese Vorgehensweise, aber auch die erforderliche Geduld, zu erzielen.

Wir werden uns dafür einsetzen! Daher werden wir für die Aufstellung des Bebauungsplan sowie für die Veränderungssperre stimmen."