
Michael Höhmann erinnert an die lange Vorlaufzeit von der Idee bis zur Realisierung einer eigenen Stromgesellschaft: Es war 2008 als der damalige Bürgermeister Dr. Edgar Franke, sein damaliger Büroleiter Frank Börner (beide SPD) und der Fraktionsvorsitzende Michael Höhmann sich im Zug auf dem Weg nach Frankfurt begegneten. Es sollte nach Frankfurt gehen zur Vorstellung des neuen Landesprogramms "Aktive Kernstädte". Doch das einzige Thema im Bistrowagen: die sich ergebende Möglichkeit für die Kommune, das Stromnetz zu kaufen und selbst zu betreiben.
Das Motiv war klar: hier bestehen die künftigen Gestaltungsfelder und Einnahmemöglichkeiten der Kommune. Einhergehend damit, konnte der Weg zur klimafreundlichen Kommune weiter bestritten werden.
In seiner Rede vor dem Stadtparlament betonte der Fraktionsvorsitzende dann auch, dass die eigentliche Zielstellung die Sicherung der kommunalen Selbstbestimmung ist.
Hier die Rede. Es gilt das gesprochene Wort.
"Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher, meine sehr geehrten Damen und Herren,
wir sind uns einig, wir wollen das Stromnetz rekommunalisieren.
Motiviert haben uns dabei Aspekte wie:
die Energiewende zu gestalten,
die Wertschöpfung in der Region zu halten,
positive Beiträge zu den kommunalen Haushalten zu erwirtschaften
und damit
die künftige Daseinsvorsorge zu sichern.
Dabei bestünden überschaubare Risiken, wie wir vernehmen konnten.
Dies sind Stichwörter aus den Informationsveranstaltungen. Nun liegt uns ein konkreter Vorschlag vor, wie eine Netzteigentumsgemeinschaft organisiert werden soll.
Um es gleich vorweg zu nehmen:
Wir sind uns einig darin, dass die neun Kommunen der Arbeitsgemeinschaft Stromnetz Schwalm-Eder-Nord gemeinsam mit den Stadtwerken Kassel die Fulda-Eder Energie GmbH & Co KG gründen sollen.
Voran gegangen war ein Wirtschaftlichkeitsgutachten. Ziel war es, eine fundierte Grundlage für die Entscheidungsträger hinsichtlich der zukünftigen Gestaltung des Stromnetzbetriebes zu erstellen.
Das Ergebnis der Wirtschaftlichkeitsanalyse, die den Mandatsträgern der neun Kommunen erläutert wurde, besagt: Die Übernahme der Stromversorgungsnetze, sprich der Kauf der Netze unter den getroffenen Planungsprämissen ist wirtschaftlich darstellbar. Es können angemessene Renditen für die Anteilseigner erwirtschaftet werden. D.h., die Wirtschaftlichkeitsanalyse führt zum Ergebnis, dass trotz möglicher Risiken die Übernahme der Stromnetze weiterverfolgt werden soll.
Der Beschluss ist bahnbrechend. Entscheidend ist die Zielstellung, die wir verfolgen. Was uns, der SPD-Fraktion, dabei am wichtigsten ist: Wir stärken die kommunale Selbstbestimmung. Kommunale Selbstbestimmung heißt nicht, ausführendes Organ der Bundes- oder Landesregierung zu sein, sondern selber gestalten zu können. Wir wollen handlungsfähig bleiben. Denn die Gewinne des Unternehmens mit überwiegend kommunalen Einfluss kommen der Allgemeinheit zu Gute. Handlungsmöglichkeiten im Rahmen der Daseinsvorsorge und Wertschöpfung vor Ort werden damit ermöglicht.
Es geht also primär nicht darum, Profite zu erwirtschaften, sondern die kommunalen Einnahmen zu sichern, um die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger – nicht nur auf dem Energiesektor, sondern in allen Aspekten der Daseinsvorsorge – zu sichern und zu decken.
Gleichzeitig soll eine sozial und ökologisch orientierte Energiepolitik für die Bürgerinnen und Bürger und damit nachhaltiger Klimaschutz durch den späteren Einsatz erneuerbarer Energien ermöglicht werden.
Und: Der Energiesektor muss als Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge unter demokratische Kontrolle gestellt werden, und wer sollte das besser bewerkstelligen als die Kommunen selbst.
Doch, der Rückkauf von Stromnetzen setzt auch weiterhin einen langen Atem und Durchsetzungswillen voraus. Das mögliche Ergebnis aber lohnt den Einsatz.
Als erstes Risiko der Rekommunalisierung ist die unbekannte Höhe des auszuhandelnden Kaufpreises zu nennen. Diese Risiken sind aber in ihrer Höhe und ihrer Eintrittswahrscheinlichkeit bekannt und bewertet worden.
Wie andere Beispiele gezeigt haben, können die Kauf- und Übernahme-verhandlungen intensiv aber zielführend geführt werden. Entsprechend schauen wir zuversichtlich auf die bevorstehenden Verhandlungen der neuen Stromgesellschaft mit der E.ON.
Herr Stadtverordnetenvorsteher, meine Damen und Herren,
lassen Sie uns handeln und die Gesellschaftsgründung nun gemeinsam beschließen. Dies soll eine wichtige Signalfunktion haben für unsere Bürgerinnen und Bürger für unsere Partner in der neuen Energiegesellschaft und nicht zuletzt für unsere Kolleginnen und Kollegen in den kommunalen Parlamenten der Arbeitsgemeinschaft.
Vielen Dank"