Kommunen können auf Millionen hoffen

SCHWALM-EDER. Die Chance der Städte und Gemeinden im Schwalm-Eder-Kreis auf zusätzliche Einnahmen aus dem Kommunalen Finanzausgleich ist gestiegen. Die Stadt Niedenstein und andere Kommunen in Hessen klagen vor dem hessischen Staatsgerichtshof gegen das Land. Sie fordern eine Rücknahme der Kürzung
des Kommunalen Finanzausgleichs um 340 Millionen
Euro.

Unterstützt werden sie vom Hessichen Städte- und Gemeindebund, einem kommunalen Spitzenverband. Mit einer ähnlichen Klage hatten Kommunen in Rheinland-
Pfalz jüngst Erfolg.

Zum pfälzischen Urteil heißt es vom Hessischen
Staatsgerichtshof: „Es ist ein Novum, dass ein Landesverfassungsgericht einen Finanzausgleich aus inhaltlichen Gründen gekippt hat, sonst geschah dies aus formalen Gründen. Das Urteil wird derzeit
geprüft“, sagt Dr. Olaf Schmitt, Richter am Sozialgericht und wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Staatsgerichtshof. Wann mit einem Urteil des Staatsgerichtshofs zu rechnen sei, könne aber
nicht gesagt werden.

Das Gericht hatte den Finanzausgleich als rechtswidrig eingestuft. Für Hessen würde das also nicht bedeuten, dass die Städte mit einer Millionen-Rückzahlungen zu rechnen hätten, wohl aber mit einer Neuregelung. In der Hessischen
Verfassung ist beispielsweise die kommunale
Selbstverwaltung geregelt. Diese sei durch die unzureichende Finanzausstattung seit Jahren massiv gefährdet, hatte Niedensteins Bürgermeister Werner Lange zum Grund der Klage gesagt.

Das Procedere: Mit dem Eingang der Klage ist das Verfahren eröffnet. Die Staatskanzlei, die Landesanwältin und der Landtag werden zur Anklage
eine Stellungnahme abgeben. Die Kläger wiederum werden diese Stellungnahmen kommentieren. Erst dann kommt es zur mündlichen Verhandlung – Termin unbekannt.

Kein Geld für Umverteilung
Urteil macht Städten und Gemeinden Hoffnung auf zusätzliches Geld aus Finanzausgleich

SCHWALM-EDER. Die Entscheidung des rheinland-pfälzischen Verfassungsgerichts könnte ein wichtiges Zeichen für die verschuldeten Kommunen
im Schwalm-Eder-Kreis sein. Der Kommunale Finanzausgleich in der Pfalz ist rechtswidrig. Das hat das Gericht festgestellt. Das Land muss demnach Landkreise und kreisfreie Städte durch eine Neuregelung des Finanzausgleichs stärken. Auch Kommunen sind in die Neuregelung einbezogen. Soweit das Urteil des Verfassungsgerichts.

Die kommunalen Schulden wachsen ebenso unaufhörlich
wie die der Länder und des Staates. Im vergangenen Jahr kamen im Schwalm-Eder- Kreis 90 Millionen Euro hinzu. So hoch war nach Angabe von Michael Schneider, Büroleiter beim Landkreis, das Defizit
von 25 Kommunen und des Landkreises. Lediglich Gu-densberg und Edermünde konnten ihren Haushalt ausgleichen. Ohne weitere drastische Einsparungen und immense Steuererhöhungen werden die Defizite nicht auszugleichen sein, sagte schon vor Monaten Dr. Karl-Christian Schelzke, Geschäftsführer
des Hessichen Städte- und Gemeindebundes.

Der Städte- und Gemeindebund vertritt als Rechtsbeistand unter anderem auch die Stadt Niedenstein, die aktuell vor dem Hessischen Staatsgerichtshof gegen die Kürzung des Kommunalen
Finanzausgleichs klagt.

Ähnliche Klagen treiben auch die Landkreise Bergstraße, Waldeck-Frankenberg und Werra-Meißner voran. Das Land Hessen wiederum erwägt it Bayern und Baden-Württemberg seit mehr als einem Jahr eine Klage vor dem Bundesverfassungsgerichts gegen
den Länderfinanzausgleich.

Hessen ist eines der wenigen Geberländer in Deutschland. Das heißt, es zahlt mehr ein, als es aus dem Topf erhält. Und das, obwohl auch der Haushalt des Landes seit Jahren defizitär ist.

Daher fordert die kommunale Familie seit Jahren eine Strukturreform der Gemeindefinanzierung – insbesondere auch des Finanzausgleichs. „Es darf keine weitere Umverteilung zu Lasten der Kommunen und Landkreise geben“, sagt auch Landrat Frank-Martin Neupärtl.

Die Krux an der geplanten Strukturreform: Es ist nicht genügend Geld vorhanden. Ein Haushaltsausgleich sei nur bei einer Verbesserung
der Finanzsituation möglich, sagt Neupärtl. Auch wenn er es nicht sagt, bedeutet dies zwangsläufig Steuererhöhungen. Denn: „Schon die kommunalen
Pflichtaufgaben fressen die Haushalte auf“, sagt
Michael Schneider.

Drastisch stärken

Aber wenn der Staat die Ausgaben decken will, muss
die Einnahmeseite drastisch gestärkt werden, sagt Neupärtl. Das Geld müsse dann auch anders verteilt werden.

Das Land Hessen habe den Kommunen jüngst jährlich
340 Millionen Euro aus dem Kommunalen Finanzausgleich abgezogen. Es habe also zu Lasten der Städte und Gemeinden seine Finanzsituation verbessert. Zuletzt sei das Geld aber nur von A nach B verschoben worden. Faktisch gebe es zu wenig Geld, um die Probleme der Kommunen zu lösen, sagt Neupärtl.