Rekommunalisierung der Stromnetze-Rede des Stadtverordneten Klaus Polter

Klaus Polter sprach für die SPD-Fraktion

Stadtverordneter Klaus Polter sprach vor der Versammlung (es gilt das gesprochene Wort):

"Herr Stadtverordnetenvorsteher, meine Damen und Herren,
der Konzessionsvertrag mit der E.ON Mitte AG läuft am 31.12.11 aus. Die 10 Kommunen Edermünde, Felsberg, Gudensberg, Guxhagen, Körle, Malsfeld, Melsungen, Morschen, Niedenstein und Spangenberg streben an, die Stromnetze zurückkaufen, wenn sich daraus im Vergleich zum Neuabschluss eines Konzessionsvertrages Vorteile bieten. Die Rückkaufkosten für die Stromnetze sollen mit den zukünftigen Partnern geteilt werden, wobei die beteiligten Kommunen immer den Mehrheitsanteil besitzen wollen (mindestens 51 %). Zurzeit liegen von sieben verschiedenen Anbietern Angebote für den Netzbetrieb, bzw. Beteiligung an einer Netzgesellschaft vor.

Das Gudensberger Stadtparlament will heute die Grundsatzentscheidung zur Rekommunalisierung des Stromnetzes fällen. Die Grundsatzentscheidung soll für eine Fortführung der Verhandlungen plädieren mit einer Präferenz für die Stromnetzübernahme. Ein Besitz- oder Betreibermodell ist dabei zu bestimmen und zu realisieren.

In dem ihnen vorliegenden Gutachten wird festgestellt, dass eine Rekommunalisierung des Stromnetzes ökonomisch sinnvoll ist. Die Rendite ist so gut, dass selbst eine 100%ige Kreditfinanzierung eines kommunalen Anteils am Stromnetz noch wirtschaftlich ist. Damit handelt es sich für jede teilnehmende Kommune um eine wirtschaftliche Investition, deren Einnahme, auch bei vorsichtiger Betrachtung, den zu erwartenden Kosten (inklusive Instandhaltung und Entflechtung der Netze) übersteigen.

Entscheidend ist jetzt die Verhandlungsposition und –stärke gemeinsam zu sichern. Dazu sind die Verhandlungen mit den Anbietern bis zuletzt ergebnisoffen zu gestalten.

Die Einnahmen aus der Konzessionsvergabe stehen weiterhin allen Kommunen in vorbestimmter Höhe zu. Diese können nicht variiert werden. Die Konzessionsabgaben verändern sich nicht mit den verschiedenen Besitz- und Betreibermodellen.

Doch aus den Netzeinnahmen können größere Anteile (Erlösübertragungen) erfolgen. Durch die gemeinsame Vorgehensweise wird auch eine Risikostreuung erzielt. Der angestrebte politische Einfluss auf die regionale und lokale Energieerzeugung hängt unmittelbar vom Engagement im Netzbetrieb ab. Neue Geschäftsfelder und damit neue Einnahmenstrukturen der Kommunen können dann sukzessive erschlossen werden. Diese Vorgehensweise ermöglicht eine Sicherung und Ausweitung kommunaler Einnahmen und sichert die kommunale Unabhängigkeit.

Die Wertschöpfung im Energiesektor fließt nicht mehr im vollen Umfang in andere Regionen, sondern kann großteils in der Region verbleiben.

Nach aktuellen Presseberichten (HNA, 27.05.11) haben sich Umsatz und Überschüsse der E.ON weiter erheblich verbessern können. Es zeigt sich damit, dass eine Teilhabe an der Wertschöpfung lohnend ist.

Die kritische Frage der Bürgerinnen und Bürger lautet: "Wie soll das bei den Haushaltsproblemen bezahlt werden?" Mit den Ausführungen zur Rendite und zur Vermögensbildung wird bereits deutlich, dass diese Investition lohnt und demzufolge auch kreditfinanziert durchgeführt werden kann. Bekanntlich erhalten die Städte und Gemeinden kommunale Kredite mit günstigen Bedingungen. Die regionalen Stadtsparkassen und Volksbanken unterstützen sicherlich gern die Rekommunalisierung. Sie werden bereit sein, günstige Kredite zu gewähren, weil sie ein ureigenes Interesse daran haben, dass das Geld in der Region bleibt.

Es geht primär nicht darum Profite zu erwirtschaften, sondern die kommunalen Einnahmen zu sichern, um die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger – nicht nur auf dem Energiesektor, sondern in allen Aspekten der Daseinsvorsorge – zu sichern und zu decken.

Es sind weitere kritische Stimmen zu vernehmen, die vermuten, dass Arbeitsplätze in Gefahr geraten können. Dieses Arbeitsplatzargument bezieht sich auf die E.ON Mitte AG, dem bisherigen Konzessionsnehmer. Doch jedes Besitz- und Betreibermodell sieht die Einbindung eines Partners vor, der den Betrieb der Netze übernimmt. Zu den sieben Interessenten gehört auch die E.ON, die mit ihrer regionalen Verankerung sicherlich zu den interessantesten Anbietern gehört. Dennoch wird ergebnisoffen mit allen Anbietern verhandelt.

Herr Stadtverordnetenvorsteher, meine Damen und Herren,
es geht um die Wende in der Energieerzeugung.

Bei der Bundesregierung bedarf es erst der Katastrophe in Fukuschima zum Denkprozess in Richtung der Energiewende. Wir haben mit den Solaranlagen in Dissen auf dem DGH, der Anlage auf dem Bauhof und dem Kindergarten, sowie der großen Anlage am Güntersberg bereits ein Zeichen in die richtige Richtung gesetzt. Weitere Anlagen im Bereich Solar und Windkraft auf kommunaler Ebene oder auch als Bürgerbeteiligungmodelle sind denkbar.

In Zukunft könnte daraus auch eine eigene Betreibergesellschaft, mit der Möglichkeit sich zur energie-autarken Kommune zu entwickeln, entstehen.

Die Stadt Gudensberg ist auf dem richtigen Weg. Eine energieautarke Kommune, das ist keine Vision, sondern aktiver Klimaschutz. Die Erneuerbaren Energien sind besonders wirtschaftlich und ökologisch. Auch die Folgekosten fallen deutlich geringer aus, als bei den herkömmlichen Energielieferanten, denen eine Gesamtbilanzierung der anfallenden Kosten völlig fremd sind (ich denke an die Kosten für die Atommüllentsorgung).

Der größte Teil der künftigen Energieerzeugung kann aus Wind-, Wasser-, Geothermie- und z.B.Bio- oder Holzgas-Blockheizkraftwerken erfolgen. Hier gewinnt natürlich auch die Energiewaldanlage an Bedeutung.

Die SPD-Fraktion im Gudensberger Stadtparlament will ein Informations- und Diskussionsprogramm erarbeiten. Ziel ist die Realisierung einer klimafreundlichen Stadt. Wir wollen mit diesem Programm eine umweltfreundliche und nachhaltige Energiewirtschaft in unserer Stadt realisieren.

Herr Stadtverordnetenvorsteher, meine Damen und Herren,
wir, die SPD-Fraktion im Gudensberger Stadtparlament, stimmen dieser Grundsatzentscheidung zur Rekommunalisierung der Stomnetze ausdrücklich zu."